Leseproben
elementar
Wasser
Stürz dich
beherzt ins pulsierende
Wasser hinein,
ausgemerzt die Langeweilen,
frustrierende,
Ich weiß, es schmerzt
bisweilen
Der Weg führt über Stein
Stürz dich
ins Gravierende
Dein ärgster Feind ist nicht der Tod
Wind
Hierhin und dorthin kreisen
wirbelnde Böen wenden
Sichtung und Richtung weisen
mir falsche Wege senden
Durchzug der vor sich selbst flieht
oder vom Meer her bringen
Ströme ein Tief das aufzieht
Winde die tanzend singen
Mit Heulen und mit Sirren
mein Gleichgewicht verwirren
Das Füllhorn des Janus
Doppelgesichtiger Janus
Stoß an mit deinem Füllhorn
Leer es in einem Zug
Denn aus dem Ende
Wird der Anfang
Der Grund erst
Schenkt uns
Raum
Vorbei
Schemenhafte Geister
deren leuchtende Farben
ich einmal bewunderte
Dunkle Schattenbilder
deren blutrote Herzen
ich einmal begehrte
Flackernde Irrlichter
deren beständigen Halt
ich einmal schätzte
Asphodelosblüten
wo einmal
mein Elysium
war
Lebensmut
Das Leben bot dir oft kein Zelt
Der Himmel war dir viel zu frei
Klein erschien mir deine Welt
Du lebtest weit an dir vorbei
Still war deine Wesensart
lud Gefühle selten ein
Ob du hart warst oder zart
immer wahrtest du den Schein
Kaum jemand kannte deine Wahrheit
Es lag dir nicht, für dich zu werben
Die Angst verhinderte die Klarheit
Du zogst es vor, in dir zu sterben
Schließlich nahte unser Ende
Du zogst dich von mir weit zurück
wagtest dann jedoch die Wende
suchtest wieder neu das Glück
In den letzten Liebesstunden
warst du endlich ganz bei dir
hast all deine Furcht verwunden
hattest Platz für Ich und Wir
Von der Rolle
Von der Rolle
Vor der Bühne
stampfen, klatschen, jubeln sie
stürmen zum leeren Podest
Ich
einsam hinter den Kulissen
steck in meiner Rolle fest
Vor der Bühne
drängen, gieren, dürsten sie
warten auf die Zugabe
Ich
einsam hinter den Kulissen
hab es satt, dieses Gehabe
Vor der Bühne
wallen, wüten, toben sie
fordern des Gewohnten Wiederkehr
Ich
einsam hinter den Kulissen
geb mich nicht mehr dafür her
spiel jetzt keine Rolle mehr
Vor der Bühne
grummeln, grollen, zürnen sie
wenden sich verdrossen ab
weil ich mich verweigert hab
Aufbruch
Die Maske bricht auf
Reißt in Fetzen
Lauf endlich, lauf!
Bist nun zu verletzen
Doch endlich lebendig!
Bonbon
Ich wäre so gern ein Honigbonbon
wälzte mich hin und her
unter deinem Zungenschlag
der verspielt meine noch spröde
noch kantig spröde
Hülle beleckt
bis die Kanten abgeschliffen
ein vorsichtiges Löchlein
in den Panzer reißt
bis meine Füllung
vollmundig süß
sich in deine rot pulsierende
Höhle ergießt
mein Weichteil
in deinem Weichganzen
aufgehoben
Bon Bon
Bon
O
Chakren-Lyrik
Wurzel-Chakra
Den mütterlichen Bauch
mit roten Blumen geschürzt
auf erdenbraunem Grund
sitzt sie betagt und genährt
auf der alten Gartenbank
wo sie sich niederließ
ein Obstmesser in der Hand
und Äpfel spätsommersüß
die Lebenswogen geklärt
genug an Speis und Trank
im geliebten Alltagsgewand
an Leib und Seele gesund
das Alter mit Freude gewürzt
herzenswarm und weise auch
Sakral-Chakra
Lustvoll werfe ich
mein Yang und mich
Gedanken-los in deinen Schoß
bade vergnügt im Strom des Yin und bin
ganz groß und liebestoll
Dann wieder möcht` ich nicht mehr führen
will deine Kraft und Stärke spüren
hab den Mut, mich zu ergeben
sanft ins hingegebene Leben
gewahr` mein Selbst in unsren Becken
will dich necken und dich schmecken
freudig überlass` ich mich
mit Genuss dem Liebesfluss
ÜberLebensspuren
Verhärtung
Des Kummers zugespitzter Splitt,
er drückt, er reibt, er schmerzt,
und das, was Lust dir herzt,
was einstmals sanft den Schritt durchglitt,
versteift zu Elefantenhaut.
Der Freude gertenschlanker Gang
er hängt, er stockt, er wankt,
weil zäh die Sorge krankt
unter der Haut die Adern lang,
wo nun sich alles staut.
Des Schutzes vorsichtiger Wall,
er trutzt und burgt und wehrt,
und was du einst begehrt,
gefangen wie die Nachtigall
im Käfig selbstgebaut.
Resignation
ausgetrocknet
verblasst das Lippenrot
der aufgemalten Sehnsucht
in den trockenen Kerben
des Hoffens Bodensatz
Lebensspuren
mit offenen Händen
berührst du
meine einsamen Narben
mein zu klein
zu groß
zu eng
zu weit
zu Angst
zu Wut
meine Schieflagen
meine Verhärtungen
meine Verschlossenheit
mit sanftem Seelenblick
heilst du
meine alten Verletzungen
mein zu dünn
zu dick
zu schwer
zu leicht
zu Leid
zu Schuld
meinen Argwohn
meine Ohnmacht
mein Erfrieren
mit vorsichtiger Annahme
verzeihe ich mir
meine Eigenheiten
mein zu schwach
zu stark
zu still
zu laut
zu Lust
zu Scham
mein Begehren
meine Verweigerung
meine Unsicherheit
mit Liebe
erfühle ich
mein Wesen
Wiegenlieder und Aufweckrufe für das innere Kind
Wo bist du, Mama?
Wo bist du, Mama?
schreit verstummt die Kleine
Hörst du nicht, wie sehr ich weine?
Auch wenn kein Laut mehr mich verlässt
selbst wenn ich eingenässt in Windeln
einsam hinter Gittern liege
so sehnsüchtig nach einer Wiege
von Mutterhand bewegt
Erregt von Hunger und von Hoffen
auf ein kleines bisschen Liebe
einen Blick von dir auf mich
Mein Herz ist immer noch weit offen!
In dir nur kann ich mich erkennen
Mit dir nur meinen Schmerz benennen
durch deiner Augen Widerhall
Doch da ist nichts – nur freier Fall!
Ohne deinen Blick zurück
gibt’s mich nicht
und auch kein Glück
Da bin ich, Kleine!
sagt liebevoll die Große
Du bist nicht mehr alleine!
Kuschel dich an meinen Busen
Spür die Wärme und mein Herz
Hier darfst du weinen, ruhen, schmusen
Hier vergeht dein Babyschmerz
Ich schenk dir Nahrung, sorg‘ für dich
geb‘ dir Liebe, Schutz und Halt
Viel mehr als nur Verwahrung!
Und bist du hungrig, nass und kalt
verlasse dich auf mich!
Denn ich bin da für dich!
Schau mich an! Ich schau zurück
halt dich fest mit meinem Blick
Ich sehe und verstehe dich
Du darfst nun wieder an dich glauben
all deine Gefühle dir erlauben
spürst im Du dein eignes Ich!
Schlaf', Kindlein, schlaf'!
Schlaf', Kindlein, schlaf'!
Der Vater hüt't die Schaf,
die Mutter schüttel's Bäumelein,
da fällt herab ein Träumelein.
Schlaf', Kindlein, schlaf'!*
So singt die Mutter ihrer Kleinen
in altbekannten Kinderreimen
ein Lied, das sie beruhigen soll
Der Text klingt wirklich liebevoll
Das Kind, das kann jedoch nicht schlafen
Was soll es mit den Träumeschafen?
Der Vater hütet sie ja nicht
säuft sich stattdessen hackedicht
Und Mama hat’s auch nicht mit Bäumen
bleibt lieber in verschloss‘nen Räumen
hat wenig resoluten Willen
kann eig’ne Träume nicht mal stillen
Schlaf', Kindlein, schlaf'!
und blök' nicht, wie ein Schaf:
Sonst kommt des Schäfers Hündelein
und beißt mein böses Kindelein.
Schlaf', Kindlein, schlaf'!*
So geht es weiter, Mamas Lied
Das Kind ist seines Glückes Schmied
Und kommt der Hund zum kleinen Schaf
Dann war das Balg zu wenig brav
Heut‘ sagt die Große zu der Kleinen
Wir lassen ab von hundsgemeinen
Wiegenliedern, die nichts taugen
Schließ du nur still die wachen Augen
Denn es braucht nicht Hund, nicht Schaf
für entspannten Kinderschlaf
Von Beistand und von Schutz das Wissen
ist das beste Ruhekissen
Schlaf', Kindlein, schlaf'!
Es braucht nicht Hund und Schaf:
Die Große ist jetzt nicht mehr klein
Sie lässt das Kind nie mehr allein
Schlaf', Kindlein, schlaf'!
*Wiegenlied aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (1808)
In der Kiste gelandet
Akt III: Verstrickt
Yuri: Ich hab‘ dich gern, doch manches stört.
Wie oft hast du nicht zugehört,
wenn ich dir dringend sagen wollte,
worüber ich zu Recht dir grollte!
Yael: Tag für Tag erklärst du mir,
ich hätte keinerlei Gespür,
wann ich laut sein muss, wann leise.
Immer ist’s die falsche Weise,
in der ich meine Stimmung zeige.
Mal monierst du, ich sei feige,
dann wieder bin ich dominant,
ein and’res Mal zu überspannt.
Yuri: So ist es auch. Ich sag es nur.
Du siehst nichts ein, bist häufig stur,
nimmst meine Ratschläge nicht an,
hältst dich einfach nicht daran,
obwohl ich nur dein Bestes will.
Beschwer‘ dich nicht und halte still,
wenn ich dir die Wahrheit sage.
Hör endlich auf mit dem Geklage!
Yael: Du sitzt jetzt auf dem hohen Ross
und hältst dich für den Oberboss,
unzufrieden meckerst du,
dass ich nie was richtig tu.
Yuri: Du denkst immer nur an dich.
Denkst du auch einmal an mich?
Ich hab‘ dir so viel abgenommen
und dafür keinen Dank bekommen.
Yael: Dank und Lob nimmst du nicht an,
meinst, es sei ja doch nichts dran.
Du kannst dich an gar nichts freuen,
scheinst inzwischen zu bereuen,
dass du mich als Freundin hast,
bin dir nur noch eine Last.
Yuri: Ich sage nur: Das, was man spricht,
sollte passen zum Gesicht,
das man bei den Worten macht.
Es hilft nichts, wenn der Mund zwar lacht
doch die Augen mir enthüllen,
was du wirklich denkst im Stillen.
Yael: Da sag‘ ich lieber gar nichts mehr.
Sinnlos ist die Gegenwehr.
Du denkst ja doch nur schlecht von mir.
Das Recht liegt immer nur bei dir.